In Indien, wo Yoga eine jahrtausendealte Tradition hat, wird die Methode von Ärzten als wichtiger Bestandteil der Behandlung anerkannt und geschätzt. Doch in der Schweiz zahlen nur wenige Zusatzversicherungen der Krankenkasse als präventive Gesundheitsförderung einen Beitrag an die Kosten. Als Behandlung von Krankheiten wird Yoga hingegen noch wenig eingesetzt, obwohl es sich bei der Wirkung mit kassenpflichtigen physiotherapeutischen Übungen durchaus messen kann.
2006 wurde im «Deutschen Ärzteblatt» eine Vergleichsstudie mit 101 Personen, die unter chronischen Rückenschmerzen litten, veröffentlicht. Nach dem Zufallsprinzip machten je 30 von ihnen 12 Wochen lang einen Yogakurs oder eine Physiotherapie. Yoga schnitt in Bezug auf einen Rückgang der Schmerzen am besten ab. Und 14 Wochen nach Ende des Kurses nahmen von dieser Gruppe ein Fünftel Schmerzmittel, bei der zweiten die Hälfte. Die Studie erklärt das Ergebnis damit, dass Yoga auf körperlicher, mentaler und spiritueller Ebene wirke. An solchen ganzheitlichen Ansätzen sind vor allem Therapeuten interessiert. Pia Fankhauser, Vizepräsidentin bei Physioswiss, dem Schweizer Physiotherapieverband, erklärt, dass einige der 8000 Mitglieder Yogaausbildungen gemacht hätten, Zahlen gebe es aber keine. «Grundlage der Behandlung muss eine saubere Diagnose sein. Wenn es sich um unspezifische Rückenschmerzen handelt, kann Yoga als eine von vielen Bewegungsmöglichkeiten empfohlen werden.»
Wichtig seien eine fachkundige Anleitung und die richtige Auswahl der Übungen. «Und entscheidend für den Erfolg sind Regelmässigkeit und Ausdauer.» Eine Befragung von Patienten in der Allgemeinmedizin des Inselspitals, der Orthopädischen Universitätsklinik Bern und einem Kantonsspital zeigte, dass 43 Prozent der 243 Befragten komplementärmedizinische Methoden nutzten, doch nur ein Fünftel auf Anraten ihrer Ärzte. Und Yoga wurde als Methode nur gerade von 2,4 Prozent genannt. Stefan Begré, stellvertretender Chefarzt Psychosomatik im Inselspital, sagt: «Yoga kann für Rückenpatienten nützlich sein, weil man damit eine schonende Stärkung der Muskulatur und eine Entspannung des ganzen Organismus erreichen kann.» Aus seiner Sicht brächte es in vielen Fällen Vorteile, wenn Yoga stärker in die Schulmedizin integriert würde, «als Methode, die Beweglichkeit und Kraft fördert, aber auch Achtsamkeit sich selbst und der sozialen Umgebung gegenüber».
Quelle: Berner Zeitung, 22.10.2012/Rita Torcasso