Am besten können wir uns diese Freisetzung von Energie mit Hilfe einer Analogie aus der Physik klarmachen. Stellen Sie sich vor, über Ihnen an der Decke sei eine Sprungfeder befestigt. Am freien Ende der Feder hängt ein Gewicht. Sie greifen danach, ziehen das Gewicht zu sich herunter, dehnen die Feder und erzeugen damit in dieser potenzielle Energie. Wenn Sie die Sprungfeder jetzt loslassen, springt das Gewicht so lange hoch und runter, bis die Energie, die sich durch die Dehnung aufgebaut hat, vollständig abgebaut ist. Durch diesen Vorgang wird die potenzielle Energie in der Feder in die kinetische Energie von Bewegung umgewandelt. Die Sprungfeder kommt erst dann wieder zum Stillstand, wenn die aufgebaute Energie, die in diese kinetische Energie umgewandelt wurde, vollständig entladen ist.
Auf ähnliche Weise sammeln Ihre Muskeln Kraft („spannen sich an“), um sich auf Handeln vorzubereiten. Wenn wir diese Mobilisierung jedoch nicht aktiv umsetzen (sei es durch Angriff oder Flucht oder andere Abwehrreaktionen, wie sich versteifen, abwenden, zurückziehen oder ducken), dann „staut“ oder „sammelt“ sich die potenzielle Energie als unbeendetes Handeln im „Gedächtnis“ des sensomotorischen Systems. Wird dann durch einen allgemeinen oder spezifischen Stimulus eine bewusste oder unbewusste Assoziation aktiviert, laden sämtliche ursprünglichen hormonellen und chemischen „Krieger“ den Muskel wieder so stark auf, als sei die ursprüngliche Bedrohung weiterhin real vorhanden. Später kann die oder der Betreffende diese Energie in Form von Zittern und Vibrieren loslassen.
Auch wenn das möglicherweise eine starke Vereinfachung ist, lässt sich doch sagen, dass eine ähnliche Energiemenge (Erregung) wie die, die für Angriff und Flucht mobilisiert wurde, durch effektives Handeln und / oder Beben und Zittern entladen werden muss. Vielleicht äussert sich diese Entladung in einem leichten Zittern und / oder einer Veränderung der Körpertemperatur. Zusätzlich zu diesen Anzeichen für die Entlastung des autonomen Nervensystems werden die Selbstschutz- und Abwehrreaktionen, die zur Zeit des traumatischen Vorfalls unvollständig blieben (und jetzt als potenzielle Energie ruhen) freigesetzt, häufig in Form von minimalen Bewegungen. Dabei handelt es sich um fast nicht wahrnehmbare Bewegungen, die wir manchmal auch als „prämotorische Aktivität“ bezeichnen.
Quelli: Sprache ohne Worte, Peter A. Levine